Arbeiten auf dem größten Bagger der Welt

Shownotes

Sein Arbeitsplatz ist 100 Meter hoch und 200 Meter lang. Al Mahdi Zerouali kontrolliert im Tagebau Hambach den größten Bagger der Welt. Der 27-Jährige ist nicht nur Großgeräteführer, wie es im Fachjargon heißt, sondern als Schlichtleiter auch Vorgesetzter von rund 20 Mitarbeitenden. Im neuen Podcast mit Torsten Knippertz erklärt er den Unterschied zwischen Absetzer und Bagger, erzählt von Bombenfunden und davon, wie er sich die Zukunft ohne Braunkohletagebau vorstellt.

Trotz seiner Routine bleibt die Arbeit auf dem Riesenbagger etwas Besonderes für den Indurstriemechaniker. „Man gewöhnt sich nicht dran. Das sind Dimensionen, die mich, obwohl ich schon seit fünf bis sechs Jahren aktiv im Tagebau beschäftigt bin, immer wieder absolut faszinieren“, so Zerouali. Als Schichtleiter ist er auch dafür verantwortlich, dass das abgetragene Material wieder aufgeschüttet werden kann. „Das hört sich so salopp an, da steckt aber eine große Verantwortung und eine große Aufgabe hinter, denn wir möchten ja, dass auf der anderen Seite von dem großen Loch wieder eine neue Landschaft entsteht, eine forstwirtschaftliche, landwirtschaftliche Rekultivierung.“

Obwohl er von der Arbeit mit den riesigen Maschinen fasziniert ist, kann sich Zerouali gut vorstellen, nach dem Ende der Braunkohle in ganz anderen Bereichen zu arbeiten. Von einem Wasserstoffprojekt, in das er bei seinem Arbeitgeber hineinschnuppern konnte, war er total fasziniert: „Im Tagebau sind wir konfrontiert mit den täglichen Herausforderungen, arbeiten unsere täglichen Aufgaben ab. Zu sehen, dass man jetzt schon die Weichen richtig legen muss, damit in der Zukunft alles funktioniert, war für mich ein absoluter Wow-Effekt.“

Gast: Al Mahdi Zerouali, RWE-Großgeräteführer im Tagebau Hambach Moderation: Torsten Knippertz

Link zum Podcast: https://www.revier-gestalten.nrw/podcast/arbeiten-auf-dem-groessten-bagger-der-welt

Hier geht´s zum in der Podcast-Folge erwähnten YouTube-Video zum Thema „Was verdient ein Schichtleiter im Tagebau? https://www.youtube.com/watch?v=4Oen22UjQnI

Mehr zu „Revier.Geschichten“ und zum Strukturwandel im Rheinischen Revier: www.revier-gestalten.nrw

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Transkript anzeigen

Mahdi Zerouali: Erneuerbare Energien sollen ja die neue Zukunft von RWE sein. RWE hat sich ganz groß auf die Fahne geschrieben, bis 2040 klimaneutral zu sein und investiert allein in dieser Dekade bis 2030 50 Milliarden in den Ausbau erneuerbarer Energien. Nicht alles in Deutschland, aber zum großen Teil. Ich finde, 50 Milliarden ist eine Zahl, die man sich mal auf der Zunge zergehen lassen muss.

Mahdi Zerouali: Intro

Torsten Knippertz: Hi und Hallo, herzlich willkommen zu unseren Revier.Geschichten. Mein Name ist Thorsten Knippertz und heute geht es bei uns um wirklich etwas Großes, also ich meine etwas ganz Großes, nämlich die gigantischen Riesen-Bagger im Tagebau im Allgemeinen und im Tagebau Hambach im Speziellen. Die Bagger sind so 100 Meter hoch und mit allem Drum und Dran um die 200 Meter lang und damit die größten Bagger der Welt. Dafür braucht es natürlich auch ganz besondere Menschen, die mit diesen Baggern hantieren können und diese Menschen sind es, die ihre Arbeitskraft und oft auch ihre Leidenschaft in das Projekt Rheinisches Revier geben und gegeben haben und in den Abbau der Braunkohle und natürlich sind auch sie es, die ganz besonders vom Strukturwandel, vom Ende der Braunkohle betroffen sein werden. Was sind die Träume dieser Menschen? Was sind die Hoffnungen? Wie stellen sie sich die Zukunft vor und wie wird es für sie weitergehen nach 2030? Um das zu erfahren, haben wir uns heute Mahdi Zerouali ins Studio eingeladen. Hi.

Mahdi Zerouali: Hi, Hallo. Freut mich, hier zu sein. Danke für die Einladung.

Torsten Knippertz: Wir haben uns aufs Du geeinigt, dass ist dir lieber?

Mahdi Zerouali: Auf jeden Fall.

Torsten Knippertz: Du bist nicht nur Großgeräteführer, so heißt das nämlich offiziell, was du machst, sondern auch Schichtführer bei RWE. Das heißt, du bist auch als Teamleiter für eine Schicht verantwortlich und wie das genau läuft, das hören wir jetzt gleich. Wir wollen nämlich mit dir mal besprechen, was dieser ganze Strukturwandel für Dich speziell oder auch für deine Kolleginnen und Kollegen bedeutet, für deinen Job bei RWE und wie du die Energiewende erlebst. Du bist ein echtes Kind des Rheinischen Reviers.

Torsten Knippertz: Hast du dich als Kind auch schon, wie viele Kinder, für Bagger interessiert?

Mahdi Zerouali: Ich habe mich als Kind für viele verschiedene Dinge interessiert. Alles was groß alles ist, Krach macht und wo viel Technik hinter steckt, hat immer schon meine Begeisterung geweckt.

Torsten Knippertz: Hauptsache groß und Krach?

Mahdi Zerouali: Ja, so ungefähr.

Torsten Knippertz: Dann lass uns direkt mal zu diesen großen, Krach machenden Geräten kommen. Großgeräte, so heißt das. So mancher hat sich die Bagger schon mal von einem der Aussichtspunkte angesehen, aber, wenn man die hautnah erlebt, ist das noch mal etwas ganz Anderes. Ihr habt von diesen riesigen Geräten, alleine im Tagebau Hambach, sechs Absetzer und sieben Bagger. Das habe ich in meinem Skript stehen, was mir vorbereitet worden ist. Da habe ich direkt drei Fragezeichen über dem Kopf gehabt. Was sind Absetzer? Was Bagger sind weiß ich, die sehe ich immer. Aber was sind denn Absetzer?

Mahdi Zerouali: Ich denke das ist am einfachsten zu erklären, wenn man mal grundsätzlich damit anfängt, wie ein Tagebau aufgebaut ist. Im Tagebau geht es darum, Kohle zu gewinnen. Um an die Kohle heranzukommen, die in der Tiefe vom Tagebau liegt, müssen erst einmal einige Erdschichten abgetragen werden, sprich man baggert ein großes Loch und ganz unten findet man dann den schwarzen Schatz, die Kohle und die Erde, die muss irgendwo hin. Bagger baggern die weg, mit einer unglaublich großen Leistung, und das Material muss dann irgendwo hin. Die Absetzer sind das Gegenstück vom Bagger. Der Bagger baggert das Material weg und der Absetzer spuckt das Material sozusagen wieder aus und schüttet es nach einem Regelprofil wieder auf.

Torsten Knippertz: Das heißt, dass der Absetzer hinten sozusagen das Fließband ist, wo das, was ihr nicht braucht, herauskommt?

Mahdi Zerouali: Genau! Nur beweglich und genauso groß wie ein Schaufelradbagger, nur, dass der Absetzer halt nicht baggert. Die Dimensionen sind gleich groß, nur der Absetzer verteilt das Material wieder.

Torsten Knippertz: Du hast eben diese Schichten angesprochen. Wie viele Schichten muss man denn durchbaggern, bevor man an Kohle kommt?

Mahdi Zerouali: Wir haben von den sieben Baggern, die dort stehen, zwei in der Kohle und fünf, die nur vor Erde stehen. Also fünf von den großen Geräten baggern Erde und zwei verdienen Geld.

Torsten Knippertz: Ich meine wie viel Erdschichten muss man durchbaggern, bevor man unten an das schwarze Gold - wie du es genannt hast – kommt?

Mahdi Zerouali: Die Kohle liegt ungefähr in 350 Metern bis 400 Metern Tiefe.

Torsten Knippertz: Und ganz oben ist irgendwie Gras oder was auch immer an der Oberfläche ist?

Mahdi Zerouali: Genau. Ganz oben ist sehr fruchtbarer Boden, dementsprechend stand da auch ein Wald drauf. Je tiefer es geht, kommen verschiedene Erdschichten. Wir haben Sand, wir haben sehr tonhaltiges Material, wir haben viel Schlamm. Das sind alles Materialien, auf die man in 400 Metern Tiefe trifft.

Torsten Knippertz: Deswegen müssen die Bagger auch so groß und so hoch sein. So einen Bagger kann man vielleicht mit dem Colonia Hochhaus in Köln vergleichen. Das ist 155 Meter hoch, hat 45 Stockwerke. Ich nehme das mal als Referenz, weil es das höchste Wohnhochhaus in Deutschland ist. Da muss man wahrscheinlich schwindelfrei sein?

Mahdi Zerouali: Absolut. Das ist definitiv eine Grundvoraussetzung, wenn man auf diesen großen Geräten arbeiten will, dass man auch ein bisschen Höhe aushalten kann.

Torsten Knippertz: Woher wusstest du, dass du schwindelfrei bist? Warst du früher schon mal in hohen Höhen?

Mahdi Zerouali: Ja, den Eiffelturm habe ich schon als Kind besucht und der ist auch sehr hoch und ich habe nie Probleme gehabt.

Torsten Knippertz: Schwindelfreiheit ist das eine. Was braucht man denn sonst noch, um als Schichtleiter oder Großgeräteführer zu arbeiten?

Mahdi Zerouali: Schulische Voraussetzungen sind auf jeden Fall ein Techniker oder ein Meister-Abschluss, den man auf jeden Fall mitbringen muss, um überhaupt als Schichtleiter arbeiten zu dürfen. Man muss natürlich Begeisterung haben, man muss gewisse Kompetenzen in Teamführung haben und man muss die Bereitschaft haben theoretisch 365 Tage, 24 Stunden, zu arbeiten. Der Tagebau macht nie Pause. Wir arbeiten am Wochenende, wir arbeiten an Feiertagen, wir arbeiten an Weihnachten, auch in der Nacht. Diese Bereitschaft muss man auf jeden Fall mitbringen.

Torsten Knippertz: An Weihnachten, da sehe ich immer auf einem der Bagger, den ich da sehe, wenn ich an der A 61 vorbeifahre - dort steht dann immer ein Weihnachtsbaum.

Mahdi Zerouali: Ja, auf jeden Fall, teilweise auch auf den Kraftwerken. Das ist immer ein schönes Ritual. Wenn die Weihnachtszeit näher rückt, dann die Weihnachtsbäume einzuschalten.

Torsten Knippertz: In Hambach ist das genauso?

Mahdi Zerouali: Ja, auf jeden Fall.

Torsten Knippertz: Was gehört denn sonst noch so zu deiner täglichen Arbeit? Bist du überhaupt auf dem Bagger oder fährst und läufst du von Bagger zu Bagger? Was ist deine Arbeit?

Mahdi Zerouali: Als Schichtleiter teilt sich meine Arbeit auf 50 Prozent Bürotätigkeiten und 50 Prozent vor Ort-Tätigkeiten auf. Ich bin schon täglich auch auf einem Bagger oder einem Absetzer. Ich leite ein Team von 20 Mitarbeitern alleine bei mir auf der Schicht. Das sind absolute Vollprofis und die kriegen am Anfang der Schicht von mir ihre Arbeitsaufträge zugeteilt und arbeiten in der Regel komplett selbstständig. Nichtsdestotrotz muss ich die Kollegen befahren und besuche sie dann auf den Großgeräten. Wenn man auf den Baggern oder auf den Absetzern ist, kriegt man einen besseren Überblick über die Situation und kann sich einen besseren Überblick verschaffen.

Torsten Knippertz: Wie fühlt sich das für dich an? Für jemanden, der das täglich macht, ist das noch was Besonderes für dich?

Mahdi Zerouali: Jeden Tag, Also wirklich jeden Tag. Man gewöhnt sich nicht dran. Das sind Dimensionen, die für mich, obwohl ich schon seit fünf bis sechs Jahren aktiv im Tagebau beschäftigt bin, ist es für mich immer wieder eine absolute Faszination. Also wirklich - ich gucke immer wieder ganz hoch und schaue mir den Bagger an und man kann es nicht begreifen.

Torsten Knippertz: Ja, das ist Wahnsinn. Auch wenn man an die Ränder des Abbaugebietes geht und sich die Dimensionen anschaut. Ich bin nicht so häufig da, wie du, aber wenn man da ist, das ist schon faszinierend, oder?

Mahdi Zerouali: Ja, wirklich. Bis heute. Jeden Tag.

Torsten Knippertz: Du hast gesagt, du hast 20 Leute in deiner Schicht und du sagst denen, was sie machen sollen. Das heißt, du sagst dann „hier Jupp, fahr mal darüber, da muss was abgebaggert werden“, oder? Oder wie muss ich mir das vorstellen?

Mahdi Zerouali: So ungefähr. Ja, natürlich. Wir haben Einsatzpläne, die geben uns genau vor, was und wie wir zu baggern haben. Es kann natürlich jeden Tag sein, dass man ein bisschen speziellere Aufgaben hat oder, dass mal etwas Besonderes außer der Reihe ist. Dann ist es doch ein bisschen intensiver als, nur, „Jupp, fahr mal, mach mal!“. Aber grundsätzlich fängt das am Anfang der Schicht auf jeden Fall immer so an.

Torsten Knippertz: Wie lange dauert das eigentlich? Wie schnell ist so ein Bagger von der einen Seite zur anderen? Kann man das so sagen?

Mahdi Zerouali: „Schnell“ kann man auf jeden Fall nicht sagen. Der Bagger schafft in einer Stunde circa 450 Meter.

Torsten Knippertz: In einer Stunde?

Mahdi Zerouali: In einer Stunde.

Torsten Knippertz: Jetzt bin ich so schlecht im Rechnen, das kann ich jetzt nicht in Stundenkilometer umrechnen.

Mahdi Zerouali: 0,45 Kilometer pro Stunde

Torsten Knippertz: Okay. Für Leute, die Speed-Liebhaber sind, ist das dann nichts, da sind andere Sachen wichtig. Du hast die letzten Jahre maßgeblich daran mitgearbeitet, wie der Tagebau Hambach heute aussieht. Aber du arbeitest auch daran mit, wie es in Zukunft aussehen wird, richtig?

Mahdi Zerouali: Auf jeden Fall. Ich hatte ja eingangs erklärt, dass die Erde auf der einen Seite abgetragen wird, um an die Kohle zu kommen und auf der anderen Seite das Material wieder aufgeschüttet wird. Das hört sich so salopp gesagt an, da steckt aber doch eine große Verantwortung und eine große Aufgabe hinter, denn wir möchten ja, dass auf der anderen Seite von dem großen Loch wieder eine neue Landschaft entsteht eine forstwirtschaftliche, landwirtschaftliche Rekultivierung. Dementsprechend ist es wichtig, das Material auch genauso zu verteilen, dass die Aufgaben der Planung auch eingehalten werden.

Torsten Knippertz: Das heißt, ihr bekommt Pläne, die besagen, wie es dann irgendwann mal aussehen soll?

Mahdi Zerouali: Genau.

Torsten Knippertz: …und du musst das mit deinen Leuten dann umsetzen?

Mahdi Zerouali: Ja, genau richtig.

Torsten Knippertz: Das stelle ich mir ziemlich kompliziert vor.

Mahdi Zerouali: Es ist manchmal sehr herausfordernd, weil man muss auf der Baggerseite genau die Materialien vorfinden, die man auf der anderen Seite braucht, um die Ergebnisse zu erzielen, die man haben möchte. Deswegen kann man da auch manchmal ins Schwitzen kommen, wenn zum Beispiel sehr viel Schlamm weggebaggert werden muss. Schlamm, kann sich jeder vorstellen, das ist sehr nasses Material. Damit schafft man es nicht, etwas Tragfähiges aufzubauen. Den Schlamm muss man dann irgendwie loswerden oder irgendwie so einbringen, dass der Planung nichts im Wege steht.

Torsten Knippertz: Also muss man hoffen, dass man das findet, was man braucht?

Mahdi Zerouali: Ja, so ungefähr.

Torsten Knippertz: Gibt es manchmal Überraschungen bei dem, was man findet? Kann man da was sagen? Habt ihr schon mal irgendwas gefunden?

Mahdi Zerouali: Wir haben letzte Woche etwas ganz Besonderes gefunden: eine Bombe. Eine Bombe aus dem zweiten Weltkrieg, die auf dem Band von dem Bagger gelandet ist.

Torsten Knippertz: Oh, Gott!

Mahdi Zerouali: Wir haben im Vorfeld vom Tagebau Bombensucher, die tagtäglich, wenn wir in ein neues Abbaugebiet reinkommen, erst mal vorlaufen und mit einem Metalldetektor alles durchsuchen. Das ist eigentlich in der Regel sehr gut abgesichert. Aber nichtsdestotrotz kann es schon mal passieren, dass sich dann auch mal eine Bombe auf dem Band wiederfindet. Das war keine so schöne Situation.

Torsten Knippertz: In dem Moment muss man wahrscheinlich trotzdem erst mal sagen „Stop!“

Mahdi Zerouali: Auf jeden Fall. Das haben wir auch sofort gemacht: alles unterbrochen und die Arbeit eingestellt. Alles in 500 Metern Entfernung abgeriegelt, abgesperrt und Posten aufgestellt, dass da auch niemand in die Richtung gelangt.

Torsten Knippertz: …und dann kommen Expertinnen und Experten, die entweder entschärfen oder sagen: „Keine Gefahr“. Das ist ja richtig gefährlich, oder man hat zumindest Adrenalin.

Mahdi Zerouali: Genau. Das war spannend.

Torsten Knippertz: Ja. Wahnsinn.

Mahdi Zerouali: In diesem Bereich sind wir aber auch geschult. Das muss man auch sagen. Wir haben jährlich einen Kampfmittellehrgang. So nennt sich dieser Lehrgang, bei dem man darauf geschult wird, wie verschiedene Bomben, Minen aussehen können, um die auch frühzeitig zu erkennen.

Torsten Knippertz: Ach, krass. Was sagen deine Freunde und Bekannten, deine Familie über deinen Job?

Mahdi Zerouali: Ich habe immer viel von meinem Job zu erzählen. Weil die Abwechslung sehr groß ist und immer wieder etwas Spannendes passiert und oft eine große Begeisterung. Viele Freunde fragen auch an, ob es nicht die Möglichkeit gibt, eine Tagebaurundfahrt zu machen oder mal selber die Geräte vor Ort zu erleben. Das biete ich immer sehr gerne an.

Torsten Knippertz: Also es geht?

Mahdi Zerouali: Ja, das geht auf jeden Fall.

Torsten Knippertz: Das heißt, da könnte man sich auch neu entstandene Landschaften anschauen?

Mahdi Zerouali: Genau, man kann sich neu entstandene Landschaften, zum Beispiel speziell im Tagebau Hambach, auf der Sophienhöhe immer anschauen. Die Sophienhöhe, das ist ein aufgeschütteter Berg, so kann man sich das vorstellen, als man den Tagebau begonnen hat, musste erst mal viel Erde weg. Die wurde zu einem Berg aufgeschüttet und da ist eine unfassbar schöne Landschaft entstanden. Viel Wald, viele künstlich angelegte Seen, tolle Wanderwege, Fahrradwege, Orte an denen man wirklich durch schöne Natur fahren kann. Wenn man da ist, fällt es einem sehr schwer, sich vorzustellen, dass das künstlich erzeugt ist. Also es ist schon sehr gut gemacht.

Torsten Knippertz: Das sind vielleicht auch die Momente, wo man sagt: „Okay, das sehe ich lieber, als was Abgebaggertes“. Also können sich viele Menschen wahrscheinlich gar nicht vorstellen, was da entstehen kann, oder?

Mahdi Zerouali: Ja, genau. Das was wir hier machen, versuche ich immer, meinen Freunden zu vermitteln, dass wir wirklich eine neue Landschaft erstellen wollen mit viel Wald. Wir wollen vielen Tieren die Möglichkeit geben, sich neu einzufinden. Wenn man das auf der Arbeit sieht, ist es natürlich schön, das Ergebnis zu sehen. Man sieht dann nach einiger Zeit das Ergebnis, beziehungsweise, wie schnell wir fruchtbaren Boden aufgeschüttet haben, wie schnell da, ohne dass eine Bepflanzung stattgefunden hat, alles grün wird und das ist schön.

Torsten Knippertz: Ja, Natur ist krass.

Mahdi Zerouali: Ja, es ist Wahnsinn.

Torsten Knippertz: Du sagst gerade, „muss ich meinen Freunden erklären“. Kommt da manchmal eine Nachfrage oder kommt da auch manchmal Kritik von Freundinnen und Freunden, die sagen: „Ihr baggert da was weg?“

Mahdi Zerouali: Kritik gibt es natürlich. Braunkohle ist ein unfassbar umstrittenes Thema und oft hört man nur von den großen Baggern, die alles wegbaggern. Von dem, was ich jetzt gerade mit so großer Begeisterung erzählt habe, dass wir wieder eine neue Landschaft erstellen, dass wir viele Bäume pflanzen, forstwirtschaftliche Landschaft, Flächen, Rekultivierung, hört man so gut, wie nie. Das sind auch gesetzliche Vorgaben die es gibt und das muss man ganz klar dabei sagen: Wir müssen die Landschaft wiederherstellen.

Torsten Knippertz: Deswegen auch unter anderem so ein Podcast, um dann beide Seiten zu beleuchten und die Chancen auch mal in den Vordergrund zu stellen. Du bist 27? glaube ich.

Mahdi Zerouali: Ja, genau.

Torsten Knippertz: Das ist ein ziemlich anspruchsvoller Job mit Führungsaufgaben, wenn du ein Team von 20 Leuten hast. Da hast du wahrscheinlich auch welche bei, die älter als du sind und schon länger bei RWE sind.

Mahdi Zerouali: Der Altersdurchschnitt bei mir auf der Schicht liegt irgendwo zwischen 50 und 53.

Torsten Knippertz: Das heißt, die sind alle älter als du.

Mahdi Zerouali: Ja, tatsächlich bin ich der Jüngste.

Torsten Knippertz: Ist das ein Problem?

Mahdi Zerouali: Nein, ich habe mich gut eingefunden. Ich meine, ich kam aus den eigenen Reihen. Sprich, ich habe bei RWE angefangen und eine Industriemechaniker-Ausbildung gemacht. Anschließend, direkt nach der Lehre, dann die Großgeräteführer-Schule besucht. Also wenn man zur Großgeräteführerschule will, ist das nichts was man von heute auf morgen kann, sondern es ist eine interne Schule von RWE. Die geht drei Monate, in denen man darauf wie in einer Fahrschule geschult wird. Aus theoretischen und praktischen Stunden setzt sich das Ganze zusammen. Ich war auch Großgeräteführer und habe dann angefangen, meinen Meister auf der Abendschule zu machen und musste deshalb damals nicht auf Schicht, sondern war nur auf der Frühschicht.

Torsten Knippertz: Freigestellt? Also zumindest musstest du keine Spät- oder Mittelschicht machen.

Mahdi Zerouali: Also doch freigestellt von der Schicht, das muss auf jeden Fall. Das war von RWE direkt ein Angebot. Wenn sich jemand fortbilden will, dann stößt man auf jeden Fall auf helfende Hände. Dementsprechend wurde mir dann gewährt, nur Frühschicht zu machen.

Torsten Knippertz: Wie bist du am Anfang zu RWE gekommen? Über deinen Papa?

Mahdi Zerouali: Nein, ich habe mich selber beworben. Nach der Realschule hat man überlegt, wie macht man weiter. Und RWE ist immer oder für viele schon in der Schule ein Traum-Arbeitgeber gewesen. RWE hat im Rheinischen Revier zumindest einen sehr guten Ruf als Arbeitgeber und deswegen war der Traum da, sich dort zu bewerben, wenn man die Möglichkeit bekommt, die Chance auf jeden Fall zu nehmen. Hat nicht direkt geklappt. Ich habe mich drei Jahre hintereinander beworben. Im dritten Jahr hat es dann funktioniert.

Torsten Knippertz: Hartnäckigkeit zahlt sich aus.

Mahdi Zerouali: Ja, manchmal.

Torsten Knippertz: Du hast es gesagt, Du bist in Baesweiler geboren und aufgewachsen. Das heißt, du hast als Kind schon viel vom Braunkohletagebau mitbekommen und auch von RWE - weil du gerade sagst „Gilt als guter Arbeitgeber“.

Mahdi Zerouali: Ja klar. Ich erinnere mich an Kindergartenzeiten, wo wir als Kinder über die Wolkenmaschinen gesprochen haben.

Torsten Knippertz: Kann ich mir vorstellen, Ja.

Mahdi Zerouali: Für uns als Kinder waren die Kraftwerke, bei denen aus den Kühltürmen der Dampf aufsteigt, die Wolkenmaschinen, weil es manchmal so aussieht. Da kommt so viel Dampf raus, als würden dort Wolken entstehen. Wir haben die Kraftwerke als Kinder immer Wolkenmaschinen genannt.

Torsten Knippertz: Das ist doch auch so, da werden die Wolken gemacht, oder? Nimm mir jetzt nicht meine Illusion. Ich bin letztens an Grevenbroich vorbeigefahren, da habe ich genau das Gleiche noch gedacht, weil ich als Kind auch schon genau das Gleiche gedacht habe. Haben deine Eltern dir das erzählt, oder hast du selbst gedacht?

Mahdi Zerouali: Nein, das waren Kinderphantasien, einfach nur mit den Geschwistern. Wenn man auf der Autobahn dran vorbeigefahren ist, haben wir uns darüber unterhalten. Ja, ich habe am Blausteinsee, ein See in der Nähe von Eschweiler, in der Nähe vom Tagebau Inden, das ist auch ein künstlicher See, wo früher Braunkohle raus gefördert wurde, da habe ich Fahrradfahren gelernt. Also rundum die ganze Kindheit immer im Kontakt zu RWE oder zur Braunkohle.

Torsten Knippertz: Hast du dir das vorgestellt, als du Industriemechaniker gelernt hast, dass dein Job so aussehen wird. Was macht man genau als Industriemechaniker?

Mahdi Zerouali: Als Industriemechaniker ist man für die Instandhaltung von Maschinen zuständig, alle mechanischen Bewegungsteile oder wenn mal was nicht funktioniert, um das Ganze dann wieder instand zu setzen.

Torsten Knippertz: Da braucht man wahrscheinlich großes Werkzeug bei den Baggern oder Baggern?

Mahdi Zerouali: Ja - und viel Manpower. Alleine schafft man nicht so viel.

Torsten Knippertz: Okay- Wir kommen zu einer Rubrik hier in unserem Podcast, die heißt „Kurz und knackig“ und genau so sollen die Fragen beantwortet werden. Was ist für dich der spannendste und oder schönste Ort im Rheinischen Revier?

Mahdi Zerouali: Der Tagebau Hambach.

Torsten Knippertz: Dein Arbeitsplatz? Okay, musst du das jetzt sagen?

Mahdi Zerouali: Nein, ich fahre gerne zur Arbeit.

Torsten Knippertz: Was gefällt dir besonders an den Menschen im Revier?

Mahdi Zerouali: Die Offenheit. Hier genießt man eine sehr große Offenheit von den Menschen.

Torsten Knippertz: Dein liebstes Fest im Rheinischen Revier?

Mahdi Zerouali: Karneval!

Torsten Knippertz: Als was gehst du? Weißt du das schon?

Mahdi Zerouali: Das kommt immer drauf an, aber meistens entscheide ich mich für das SWAT-Kostüm, Polizeibeamter oder als FBI Agent. Da kommt man gut bei den Frauen an.

Torsten Knippertz: Ah, okay. Das ist die Intention. Ich gehe jetzt nicht näher ins Detail. Aber ich habe jetzt schon mal auf jeden Fall für mich notiert, als was ich beim nächsten Karneval gehe. Sehr gut. Wir kommen zu einem ernsteren Thema. Der Kohleausstieg bis 2030 ist für viele Kolleginnen und Kollegen von dir dann wahrscheinlich wirklich etwas, wo sich einige Gedanken machen: Wie geht es denn dann weiter? Für manche vielleicht nicht. Die sind dann vielleicht schon fertig mit dem Job, wenn der Altersdurchschnitt so hoch ist. Aber was hast du da für ein Gefühl? Wie wird das aufgenommen?

Mahdi Zerouali: Ja, das ist als junger Mitarbeiter, wenn man weiß, dass das Ende näherkommt, immer ein bisschen beängstigend. Ich weiß nicht, ob beängstigend das richtige Wort ist, aber das ist doch ein kleiner Rucksack, den man mit sich trägt, weil man keine Planungssicherheit hat. Ich vertraue zwar auf RWE, dass es weitergehen wird, aber man weiß nicht, wo wechselt man hin, welcher Standort kommt für mich in Frage? Werde ich umziehen müssen? Kann ich mich hier mit Eigentum und einem Häuschen niederlassen, obwohl es möglich sein könnte in sieben, acht Jahren, wegziehen zu müssen?

Torsten Knippertz: Musst du dich dann weiterbilden? Stichwort künstliche Intelligenz, Digitalisierung. Spielt das in deinem Job eigentlich eine Rolle?

Mahdi Zerouali: In meinem jetzigen Job spielt das sicherlich eine Rolle, also vor allen Dingen die Automatisierung. Da steckt wahrscheinlich auch viel künstliche Intelligenz, und Digitalisierung hinter. Für die großen Schaufelbagger wurden früher fünf bis sieben Mann benötigt, um die Geräte zu fahren. Heute werden sie mit zwei Mann gefahren. Es wurde sehr viel automatisiert in den Großgeräten. Es funktioniert sehr viel automatisch, ohne dass jemand im Führerstand sitzen und die Hebel manuell bedienen muss. Es ist schon Wahnsinn, was da alles möglich ist.

Torsten Knippertz: Jetzt hast du das eben aus deiner Perspektive oder aus der Perspektive von jüngeren Menschen geschildert. Aber ihr redet wahrscheinlich auch mit denen über den Braunkohleausstieg, die jetzt schon länger dabei sind. Was sagen die so?

Mahdi Zerouali: Die meisten Kollegen bei mir auf der Schicht, die sind mit der Braunkohle groß geworden, mit 14, 15, 16 Jahren haben viele im Tagebau angefangen. Ich glaube schon, dass es da doch ein bisschen schmerzt, weil es einfach ein Teil des Lebens war. Und zu wissen, dass der Tagebau endet, das tut natürlich weh, weil man da ein bisschen subjektiv ist. Aber Sie freuen sich natürlich auch auf ihre wohlverdiente Rente, die kommt, und das läuft sehr sozialverträglich ab. Da freuen sich natürlich auch viele darauf. Das muss man auch ganz klar sagen.

Torsten Knippertz: Gibt es wie bei Piloten beispielsweise so etwas, wie eine Altersgrenze für Baggerführer?

Mahdi Zerouali: Nein, eine Altersgrenze gibt es nicht. Wir müssen jährlich zu einer ärztlichen Untersuchung, bei der man auf Herz und Nieren geprüft wird. Wenn da die Werte passen, dann kann man immer weitermachen.

Torsten Knippertz: Kann man bis zur Rente drauf bleiben? Sagt man da auch „auf dem Bock sitzen“, wie bei LKW-Fahrern?

Mahdi Zerouali: Wir können es von mir aus gerne so nennen.

Torsten Knippertz: Aber ihr tut das nicht? Habt ihr irgendwas Vergleichbares oder sagt man: „Ich gehe auf den Bagger“?

Mahdi Zerouali: Nein.

Torsten Knippertz: Also nein. Aber nett, dass du mir das Gefühl gibst, dass die Frage nicht ganz so doof war.

Mahdi Zerouali: „Auf dem Bock sitzen“ hört sich gut an, nehme ich mit. Ich versuche es zu etablieren.

Torsten Knippertz: Mal gucken, wie sich deine Kolleginnen und Kollegen da überzeugen lassen. Ist denn eigentlich Erfahrung wichtig, wenn man mit solchen gewaltigen Geräten umgeht oder wenn man die reparieren muss?

Mahdi Zerouali: Absolut. Da wird ein unfassbar großes Know-how gebraucht, das wir bei unseren Kollegen haben, die wie eben schon beschrieben, von Kindestagen an, seit über 40 Jahren an diesen Großgeräten arbeiten. Das ist ein Know-how-Level, an das ich niemals herankommen werde, weil die tatsächlich jede Schraube dieser Geräte kennen. Viele waren dabei, als die Geräte gebaut wurden, auf den Plätzen, wo die damals zusammengebaut wurden. Die haben die von Anfang bis jetzt zum nahendem Ende komplett mit begleitet. Und ja, es ist auf jeden Fall wichtig.

Torsten Knippertz: Das heißt, das wirst du in den verbleibenden sieben Jahren nicht aufholen können?

Mahdi Zerouali: Niemals, auf gar keinen Fall. Das wissen meine Kollegen aber auch und da ist auch von meiner Seite immer eine sehr große Wertschätzung, also sehr kooperativ mit den Kollegen zusammenzuarbeiten, weil die einfach das Know-how haben und manchmal Sachen sehen, die ich gar nicht sehen kann, weil das Know-how fehlt.

Torsten Knippertz: Jetzt hast du eben gesagt, bei den Jüngeren macht man sich schon manchmal Gedanken. Merkt man das auch beim Nachwuchs, beziehungsweise beim fehlenden Nachwuchs, dass sich Leute gar nicht mehr bewerben, weil die Perspektive fehlt?

Mahdi Zerouali: Ich habe jetzt keine genauen Bewerbungszahlen, deswegen kann ich dazu nicht so viel sagen. Aber man merkt schon, dass sehr junge Kollegen, also 18 19, doch versuchen, sich umzuorientieren, aber wir haben im Moment Nachwuchs bekommen von neuen Leuten um die 30, Mitte 30, die mit richtig viel Power und Elan dabei sind. Also die haben noch richtig Lust, den Job mit auszufüllen und die nächsten Jahre richtig etwas für die Stromversorgung zu tun.

Torsten Knippertz: Ich habe immer von „Kolleginnen und Kollegen“ gesprochen, wobei das wie folgt ist. Ich habe einmal Zahlen herausgesucht. In der Lausitz, ist auch ein Braunkohlegebiet, da wird noch bis 2038 gearbeitet. Dort sind aktuell 7000 Menschen beschäftigt. Davon sind knapp 20 Prozent Frauen, die als Großgeräteführerinnen oder Lokführerinnen, Kraftwerkerinnen tätig sind. Bei RWE gibt es insgesamt 270 Großgeräteführer.

Mahdi Zerouali: Es sind etwas mehr. Es sind 320.

Torsten Knippertz: Okay, 320. Wie viel Frauen davon? Ich habe in meinen Unterlagen stehen: Es ist Eine.

Mahdi Zerouali: Ich wusste von zweien, aber inzwischen ist es nur noch Eine. Die zweite ist jetzt in den Bürojob gewechselt, weil Sie Mutter geworden ist. Aktuell haben wir Eine.

Torsten Knippertz: Okay, also noch ausbaufähig?

Mahdi Zerouali: Auf Jeden Fall!

Torsten Knippertz: Auch bis 2030. War die auch schon mal in deinem Team?

Mahdi Zerouali: Ja, tatsächlich.

Torsten Knippertz: Ist das ein Unterschied?

Mahdi Zerouali: Nein, die Begeisterung ist da, die Lust anzupacken auch, also wunderbar.

Torsten Knippertz: Das heißt, ihr stellt Leute ein und sucht auch.

Mahdi Zerouali: Auf jeden Fall. Egal welchen Geschlechts, gerne. Also wir suchen immer sehr motivierte Leute, die Lust haben bei uns zu bewerben, ob es für die Ausbildung ist oder als Großgeräteführer, gerne.

Torsten Knippertz: Kann man auch Optionen für die Zeit nach 2030 geben? Besteht Aussicht auf andere Jobs bei RWE?

Mahdi Zerouali: Ja, auf jeden Fall. RWE hat sich mit dem Kohleausstieg darauf geeinigt, dass der sozialverträglich abläuft. Es soll von Arbeit in Arbeit - so nennt es sich bei uns - ablaufen. Die Mitarbeiter werden vermittelt und oder sollen vermittelt werden.

Torsten Knippertz: Vielleicht auch in einem Projekt, das ich hier stehen habe, das du selbst in einem Praktikum durchlaufen hast, das Wasserstoffprojekt. Wir haben in diesem Podcast auch schon über Wasserstoff gesprochen. Klickt da gerne in die Folgen, die es zu hören gibt, rein. Hört sich echt spannend an. Was hat es damit auf sich?

Mahdi Zerouali: Ja, genau. Ich hatte die Möglichkeit für ein paar Wochen in einen anderen Bereich, den Wasserstoffbereich von RWE reinzuschnuppern und durfte dann live miterleben, wie RWE wirklich Gas gibt.

Torsten Knippertz: Wasserstoff gibt.

Mahdi Zerouali: Ja genau, Wasserstoff beziehungsweise Wasserstoff auszubauen, um es langfristig als Energiespeicher nutzen zu können.

Torsten Knippertz: Welche Rolle spielen erneuerbare Energien denn sonst noch bei RWE?

Mahdi Zerouali: Eine ganz große Rolle. Erneuerbare Energien sollen die neue Zukunft von RWE sein. RWE hat sich ganz groß auf die Fahne geschrieben, bis 2040 klimaneutral zu sein und investiert allein in dieser Dekade bis 2030 50 Milliarden in den Ausbau erneuerbarer Energien. Nicht alles in Deutschland, aber zum großen Teil und ich finde, 50 Milliarden ist eine Zahl, die man sich mal auf der Zunge zergehen lassen muss. Da wird schon ordentlich etwas vorangetrieben.

Torsten Knippertz: Du durftest beim Wasserstoff, - haben wir gerade drüber gesprochen - schon mal reingucken. Was glaubst du, welche Rolle wird Wasserstoff spielen?

Mahdi Zerouali: Sicherlich einen großen oder einen sehr hilfreichen Teil als Energiespeicher, um überschüssigen Strom aus Sonne und Wind zu speichern. Und wenn wir eine Wind-, eine Dunkelflaute haben - Ich glaube, so nennt sich das inzwischen - um dann wieder aus dem Wasserstoff Strom zu erzeugen.

Torsten Knippertz: Gab es bei diesem Wasserstoffprojekt mal irgendwas, wo du so ein Aha- oder Wow-Effekt hattest?

Mahdi Zerouali: Ich hatte viele Wow-Effekte, weil ich komme natürlich aus der Braunkohle, aus dem Tagebau und das ist sehr operativ. Zu sehen, wie viel heute schon für die Zukunft arbeitet, war für mich ein absoluter Wow-Effekt. Bei mir als Schichtleiter im Tagebau, wir arbeiten, wir sind konfrontiert mit den täglichen Herausforderungen, arbeiten unsere täglichen Aufgaben ab. Zu sehen, dass man jetzt schon die Weichen richtig legen muss, damit in der Zukunft alles funktioniert, war für mich ein absoluter Wow-Effekt.

Torsten Knippertz: Ja, legen muss! Du sagst es Hambach und der Tagebau waren Anfang des Jahres oft genug in den Nachrichten. Oft hört man in der Öffentlichkeit das Ganze im Kontext der aktuellen Klimadiskussion, auch der Protestbewegung. Inwieweit beschäftigt dich diese Thematik beziehungsweise hat das irgendeinen Einfluss auf dein Leben?

Mahdi Zerouali: Ich finde es gut, - das hört sich jetzt vielleicht ein bisschen - aber ich finde es gut, dass wir so viel für den Klimaschutz tun. Ich denke auch, dass der Braunkohleausstieg das Richtige ist. Ob es der richtige Zeitpunkt ist, das ist die Frage. Aber dass wir aus der Kohle aussteigen müssen, ist absolut richtig. Dementsprechend bin ich auch daran interessiert, dass meine Kinder und Kindeskinder auch genauso gut leben können, wie ich es tun kann.

Torsten Knippertz: Du hast gerade gesagt Kohle. Ich bleibe bei Kohle, aber in einem anderen Sinne. Einige werden sich jetzt gefragt haben, als du gesagt hast „Ja, wir suchen noch“, was verdient man da eigentlich? Dir macht der Job wirklich Spaß. Das alleine ist schon gut. Aber noch mehr Spaß macht es dann wahrscheinlich, wenn man gut verdient, ist das so? Was ist so das Einstiegsgehalt? Kennst du das?

Mahdi Zerouali: Ja, klar. Da können wir gerne drüber sprechen. Also, das Einstiegsgehalt als Großgeräteführer sind brutto im Monat 3.400 Euro.

Torsten Knippertz: Als Einstieg?

Mahdi Zerouali: Ja, genau. Das Gehalt wächst über die Jahre. Es wird alle drei Jahre aufgestockt. Den wesentlichen Teil machen die Zulagen aus. Ich hatte eben beschrieben, wir arbeiten am Wochenende, samstags, sonntags, wir arbeiten auf drei Schichten. Die Nachtschichten werden zusätzlich bezahlt, Sonntage werden zusätzlich bezahlt. Wenn man an Weihnachten Dienst hat, wird das auch sehr gut bezahlt und das Einstiegsgehalt steigert sich schon, da kommen noch gut 1.500 Euro Zulagen drauf.

Torsten Knippertz: Wir packen euch einen Link in unsere Shownotes zu einem Video auf YouTube. Da gibt es mehr Infos darüber. Was ist dein persönlicher Plan für die Zukunft?

Mahdi Zerouali: Mein persönlicher Plan für die Zukunft ist: Ich habe ein Fernstudium gerade angefangen im Bereich BWL. Also ich studiere nebenberuflich und möchte mir damit das Rüstzeug für die Zukunft geben, um auf alles bereit zu sein.

Torsten Knippertz: Wohin soll es dann gehen?

Mahdi Zerouali: Ja, also ich wünsche mir, weiter in der Energieerzeugung arbeiten zu können, im Bereich der erneuerbaren Energien und mein Know-how und Können einzusetzen, um das Ganze voranzutreiben.

Torsten Knippertz: Eben hast du erzählt, dass du viel Unterstützung bekommen hast bei dieser Großgeräteführerschule?

Mahdi Zerouali: Genau, bei meinem Meister.

Torsten Knippertz: Wie ist das jetzt beim Studium? Gibt es da auch Unterstützung?

Mahdi Zerouali: Ja, wenn ich das Studium beendet habe. Das ist ein Fernstudium. Ein Fernstudium kostet Geld, kostet insgesamt knapp 11.000 Euro. Da kriege ich auch monetäre Unterstützung von RWE, wenn das Studium beendet ist.

Torsten Knippertz: Okay, auch mit dem Risiko, dass, wenn du dein Studium fertig hast, du vielleicht nicht mehr bei RWE, sondern woanders arbeitest?

Mahdi Zerouali: Ja, das ist immer mit der Voraussetzung, man bindet sich dann natürlich dafür. Man unterschreibt einen Vertrag, dass man sich für ein paar Jahre an RWE bindet und wenn man damit einverstanden ist, dann kriegt man das.

Torsten Knippertz: Du hast jetzt nicht den Eindruck gemacht, als wenn dir das unangenehm wäre, weiter da zu arbeiten.

Mahdi Zerouali: Nein, ich würde mich freuen.

Torsten Knippertz: Wenn du dir das Rheinische Revier in zehn 20 Jahren vorstellst, was ist deine Idee, wie es dann da aussieht - bezogen auf Jobs, aber auch auf Energieversorgung?

Mahdi Zerouali: In zehn Jahren haben wir das Jahr 2033, da haben wir gerade aufgehört, Kohle zu baggern. Die Tagebaue befinden sich dann komplett in der Rückbauphase, in der Rekultivierungsphase. In der dann alles nur noch dafür getan wird, dass baldmöglichst Wasser aus dem Rhein reinlaufen kann, um aus dem großen Loch einen See zu machen. Dementsprechend werden viele Arbeitsplätze in dem Bereich wegfallen. Wegfall von Arbeitsplätzen ist, denke ich, immer kritisch, oder sollte immer kritisch betrachtet werden. Da sehe ich persönlich dann auch die Politik gefordert, jetzt schon die Weichen dafür zu stellen, dass ausreichend Arbeitsplätze zur Verfügung stehen, um den Wegfall von der Braunkohle wieder auffangen zu können.

Torsten Knippertz: Siehst du die Gefahr von leerstehenden Dörfern?

Mahdi Zerouali: Nein, glaube ich nicht. Also so stelle ich mir das jetzt nicht vor. Es gibt auch Industrie in der Umgebung, also Arbeitsplätze in der Umgebung. Ob die ausreichend sind, bin ich überfragt. Das kann ich nicht einschätzen.

Torsten Knippertz: Wir haben hier in diesem Podcast auch schon viele Ideen gehört, was man machen kann, welche Chancen da sind. Da sieht es optimistisch aus. Du scheinst auch optimistisch und träumst von der Zukunft und dem Häuschen am See?

Mahdi Zerouali: Das wäre der Traum, absolut. Deswegen Ich wollte eben schon sagen, wir können gerne über in 20 Jahren sprechen. Weil das ist ein Thema, worauf ich mich natürlich freue, wenn schon einiges an Wasser in den Tagebau gelaufen ist, wenn die rekultivierten Flächen anfangen, richtig grün zu werden. Das ist eine kleine Vorstellung und Vision, die ich in meinem Kopf habe, die ich mir wirklich unfassbar schön vorstelle. Das wird manchmal ein bisschen belächelt, wo man sagt „Oh, da in der Nähe will ich mir ein Haus kaufen. Das wird irgendwann mal ein See-Grundstück“. Ich weiß nicht, ob ich es erleben werde, aber ich denke schon - und es ist auf jeden Fall ein Traum.

Torsten Knippertz: Wer belächelt das?

Mahdi Zerouali: In vielen Köpfen herrscht die Meinung, dass der See erst in 60, 70 Jahren befüllt ist und erst dann nutzbar ist. Grundsätzlich ist das auch fast richtig. Es dauert einige Jahrzehnte, bis der Tagebau komplett mit Wasser gefüllt ist. Aber nach zehn Jahren, also wenn 2030 Schluss ist, beziehungsweise ab dann, wenn anfängt Wasser in den Tagebau zu laufen. Zehn Jahre später wird schon ein großer Teil des Sees nutzbar sein. In den ersten zehn Jahren wird schon einiges an Wasser zu sehen sein und da sehe ich mich in Badehose und einem Cocktail.

Torsten Knippertz: Nicht so ein schlechtes Bild, auf jeden Fall. Ich habe die Diskussion auch manchmal mit Freunden und Bekannten, die dann sagen „Oh ja, kriege ich ja gar nicht mehr mit und du auch nicht, Knippi“, wo ich dann sage „Na ja, gut, ich vielleicht nicht, aber vielleicht ja unsere Nachkommen, unsere Kinder und so“. Für die das fertig zu machen, ist auch nicht so schlecht.

Mahdi Zerouali: Genauso stelle ich mir auch das Rheinische Revier in Zukunft vor. Ich glaube, wir werden hier, wenn die Tagebau-Seen wirklich komplett mit Wasser befüllt sind, die Rekultivierung fertig ist, unfassbar viele Touristen anziehen können, die sich hier mal eine Auszeit gönnen, um mal um den See spazieren zu können. Also, ich stelle es mir wirklich, sehr schön vor.

Torsten Knippertz: Das Ende unserer heutigen Podcast-Ausgabe. Lieber Mahdi, es ist schon viel durchgekommen, was dir am Herzen liegt beziehungsweise, was viele Zuhörerinnen und Zuhörer aus diesem Gespräch mitnehmen sollten. Aber gibt es noch irgendwas, was dir wichtig ist zum Schluss?

Mahdi Zerouali: Ja, wichtig ist: Wir haben so oft über das Ende gesprochen. Ich sehe das Ende in dem Sinne noch nicht, dass, wenn die Braunkohle vorbei ist, alles zu Ende ist, sondern: Es geht weiter. Die Mitarbeiter, die wir haben und ich selber auch, möchten immer in Zukunft auch ein Teil der erneuerbaren Energie oder der Energiewende sein. Also wir wollen dort mit Know-how rein. Also das Ende der Braunkohle ja, aber noch nicht das Ende von dem, was wir alles erreichen wollen.

Torsten Knippertz: Also die Energiewende mitgestalten. Das klingt doch gut. Ich gebe zu, ich bin von deiner ganzen Energie und deinen Zukunftsplänen sehr beeindruckt. Gut, das zu hören - und hier gibt es eine spannende Zukunft für alle diejenigen, die sich gerne einbringen möchten. Danke für deine Einblicke in den Tagebau-Alltag.

Mahdi Zerouali: Ja, sehr, sehr gerne.

Torsten Knippertz: Und weiterhin viel Erfolg. Und damit sind wir auch schon am Ende unserer heutigen Episode der Revier.Geschichten. Vielen Dank fürs Zuhören, gerne weitererzählen, Familien, Freundinnen und Freunden von unserem Podcast, den Podcast abonnieren. Daumen hoch, Sternchen, Glocke - wo auch immer man das Ganze positiv bewerten kann - und dann gibt es demnächst die neueste Episode, wie immer an einem zweiten Mittwoch im Monat. Teilen, liken und beim nächsten Mal gerne wieder dabei sein. Ich sage Tschüss und ole ole, bis zum nächsten Mal.

Mahdi Zerouali: Tschüss, auch von mir.

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